Auf Hochtouren
DIe Almwirtschaft gestern und heute
Wer in eine Almhütte einkehrt, freut sich über das Flair der Jahrhunderte. Das Holz erzählt von harter Arbeit und Entbehrungen. Aber wie ist das Leben auf der Alm heute? Steht die Almwirtschaft gar vor dem Aus? Eine Wanderung in die Vergangenheit und ein Ausblick in die Zukunft.
Mei, das Leben auf der Alm, wie schön muss das sein! Atemberaubende Aussichten, grasendes Vieh, gemütlich-urige Atmosphäre, Sonnenschein und allzeit süße Mehlspeisen. Bei näherem Hinsehen entpuppt sich die romantische Verklärung so mancher Städter schnell als Trugbild: Auch im 3. Jahrtausend ist es – trotz Strom, Internet, maschineller Hilfe und kürzerer Transportwege – nicht so einfach, eine Alm zu bewirtschaften. Doch warum gibt es die Almen überhaupt? Und wie hat sich ihre Funktion im Lauf der Jahrhunderte gewandelt? Das zeigt uns ein Blick auf die bewegte Geschichte der Almwirtschaft.
Schon im 5. Jahrtausend vor Christus nutzten die Menschen die natürlichen Weideflächen oberhalb der Waldgrenze. Man muss allerdings bedenken, dass es damals noch keine Wege gab, die Täler waren zum Großteil unzugänglich und versumpft. Es dauerte Jahrhunderte, die Talböden in mühevoller Arbeit nutzbar zu machen. Etwa im 7. Jahrhundert nach Christus begann die Zeit der Almwirtschaft, im 14. und 15. Jahrhundert war sie auf ihrem Höhepunkt. Damals wurde – auch in Tirol – vor allem Käse für die Landesherren und die Klöster produziert. Butter und Käse waren eine gute Möglichkeit, die Milch zu konservieren und zu transportieren. Zudem galt die Alm als „Jungbrunnen für die Viehzucht“, denn das Vieh, das sommers auf der Alm weidete, war widerstandsfähiger. Am Hof fehlten die Weideflächen, da auf den Feldern meist Getreide angebaut wurde. Deshalb führte kein Weg daran vorbei, die weit entfernten Bergwiesen zu nutzen.
Die Almwirtschaft als Detox-Programm
Um 1950 erlebte die Almwirtschaft eine Blütezeit, doch nur zehn Jahre später machten ihr der zunehmende Einsatz von Maschinen, der Import von billigem Fleisch und Getreide sowie der Mangel an Almpersonal beinahe den Garaus. Die Knechte und Dirnen zogen es vor, als Handwerker oder in einer Fabrik Geld zu verdienen, statt für Kost und Logis auf einer Alm zu schuften.
Gerettet hat die Almwirtschaft der Tourismus. Gäste aus aller Welt, aber auch die heimische Bevölkerung nutzen heute die Berge mit ihren Wanderwegen, Mountainbike-Strecken, Skipisten und Almhütten. Sie kehren dort ein, sie übernachten, sie erhalten die Almen am Leben. Dies gilt auch für das Zillertal, wo das Vieh beim Almauftrieb – meist um Pfingsten – auf die Niederleger kommt. Nach zwei bis drei Wochen geht es weiter auf die höher gelegene Alm, den Hochleger, wo sie mit der Sennerin oder dem Senn den Sommer verbringen.
Allerdings ist es nach wie vor schwierig, jemanden zu finden, der willig ist, monatelang für die Tiere zu sorgen, im Morgengrauen zum Melken aufzustehen, das Käsen in der Sennerei und das Bewirten der Gäste zu übernehmen. Zum Glück finden sich neben den erfahrenen Sennern immer wieder junge Leute – auch aus der Stadt –, die einen Sennkurs absolvieren und den Sommer in den Bergen verbringen. Geld bekommen sie dafür wenig, und doch sehnen sich viele nach dieser Auszeit fernab vom hektischen technisierten Alltag. Atemberaubende Aussichten, grasendes Vieh, gemütlich-urige Atmosphäre, Sonnenschein ... es ist eben schon schön auf der Alm.
In Österreich gibt es rund 8400 Almen auf 20 % der Staatsfläche. In den Sommermonaten sorgen rund 7000 Hirtinnen und Hirten für insgesamt knapp 500.000 Milchkühe, Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen. Allein in Tirol sind es über 3000 Hirten. Viele Bräuche in der bäuerlichen Gesellschaft gehen auf die Almwirtschaft zurück und bereichern den Jahreslauf, der auch immer mehr die nicht bäuerliche Bevölkerung anspricht.
Sie lässt es krachen: Ihr selbstgebackenes Brot ist unglaublich knusprig. Bianca Hanser bewirtschaftet eine große Alm oberhalb der HochLeger und versorgt die Chalet-Gäste mit saftigem Speck, frischer Heumilch, leckerem Brot und köstlichem Kuchen. Als gute Seele und talentierte Bäckerin garantiert sie oben in den Bergen absoluten Hochgenuss.