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Kleines Kräuterlexikon

Angelica Archangelica - die Engelwurz

Die Legende erzählt, dass Erzengel Michael einem Mönch im Traum erschien und ihm die Heilkräfte der Angelikawurzel zeigte. Die Engelwurz, wie sie auch genannt wird, wurde als Heilmittel gegen die Pest gekaut. Bis heute schätzt man ihre vielfältigen Talente, von denen Ihnen die ausgebildete Kräuterpädagogin Christina Binder-Egger einige vorstellen darf. Viel Freude damit!

Zu Beginn meiner Ausbildung zur Kräuterpädagogin zogen alle Teilnehmer ein Los, auf dem ein Pflanzenname geschrieben stand. Mit dieser Pflanze sollten wir uns in den nächsten Wochen und Monaten zunehmend anfreunden und auseinandersetzen, um sie am Ende unserer Ausbildung in Form eines Referates unseren Kolleginnen und Kollegen zu präsentieren. Während die anderen Kräuterhexen und -hexer klassische Heilpflanzen wie Ringelblume, Arnika oder Kamille zugewiesen bekamen, stand auf meinem kleinen Zettel: Angelica.

Noch nie war mir dieser Name untergekommen. Die Augen unserer Kräuterexpertin leuchteten, als sie mir zu dieser besonderen Wahl gratulierte. „Sie wird dir viel Freude bereiten“, meinte die Ausbildnerin. Ich war skeptisch.

So sehr ich mich auch bemühte, die Engelwurz blieb mir verborgen. Wohin ich auch blickte, nirgends konnte ich sie finden. Eines Abends fasste ich den Entschluss, meine ablehnende Haltung aufzugeben und mich der Pflanze zu öffnen. Konzentriert las ich das Pflanzenskriptum durch: was sucht sie und wo wächst sie am liebsten? Ich machte mich auf zu einem Spaziergang in Richtung Hainzenberg. Dort am Waldrand sollte es ihr, laut den Beschreibungen, gefallen. Und tatsächlich: da stand sie! Ihre weißen Doldenblüten leuchteten mir entgegen, die gefiederten Blätter wiegten sanft im Abendwind, als würden sie mir zuwinken.

Ich blickte mich um und verstand: der ganze Wegesrand war bewachsen von der Waldengelwurz, unter anderem gut erkennbar an ihrer auffälligen, aufgeblasenen Blattscheide. Sie war mir vorher einfach noch nie aufgefallen, doch jetzt offenbarte sie sich mir.

Bei uns in Tirol wächst die Angelica Sylvestris L., die Waldengelwurz, also an schattigen, nährstoffreichen feuchten Wald- und Wegesrändern. In unserem Kräutergarten haben wir, so wie es früher der Brauch war, eine Arznei-Engelwurz gepflanzt. Die Angelica Archangelica L. ist eine zwei bis vierjährige Pflanze, die nur einmal blüht (hapaxanth). Sie erreicht eine Wuchshöhe von einem halben Meter bis zu über 3 Metern.

Die doppeldoldigen Blütenstände bestehen aus 20 bis 40 Strahlen, die eine hübsche Halbkugel bilden. Die vielen, vielen zwittrigen Blüten duften heftig nach Honig und werden von Bienen bestäubt, die uns, von ihrem Bienenstock im benachbarten Pfarrgarten, in hoher Zahl besuchen.

Verwendung findet vor allem die Wurzel, Angelicae radix genannt. Sie gehört zu den Amara-Drogen, da sie, neben vielen anderen Stoffen, Bitterstoffe und ätherische Öle enthält.

Was die Pflanze alles kannWie sie wirkt und wofür man sie verwendet

Die Engelwurz wirkt
• verdauungsfördernd
• karminativ (blähungstreibend)
• gallenflussfördernd und spasmolytisch (entkrampfend)
• menstruationsfördernd
• antimikrobiell
• nervenberuhigend, aufbauend
• stabilisierend, erdend, angstlösend, Mut geben.

 

Angelika wird angewandt bei leichten Magen-Darm-Krämpfen, Appetitlosigkeit, Völlegefühl, verzögerter Verdauung und Blähungen, zur Förderung der Magensaftsekretion, bei Magersucht und Bronchitis.

Die seelischen AspekteWirkung auf der psychischen Ebene

Die zauberhafte Angelica ist durch ihre Engelskräfte in der Lage, auch seelische Verletzungen und Narben zu heilen. Ihr weiterer Name „Angstwurz“ verrät, dass sie die Nerven stärken kann. Als große Schutzpflanze bringt sie Licht und Lebenswärme in Bauch und Seele. Als Kräftigungsmittel kommt sie in der Rekonvaleszenz und bei allgemeiner Schwäche sowie bei chronischen Krankheiten in Lebenselixieren zum Einsatz.

 

Erstmals für die auszubildenden Kräuterexpertinnen und -experten haben wir aus dem Kraut und der Wurzel der Engelwurz ein Hydrolat gezogen, um es als Schutzspray zu verwenden. Ein ledriger, erdiger, maskuliner Duft erfüllte die Herbarium-Küche. Das Engelwurz-Hydrolat fand großen Anklang bei unseren Kolleginnen. Sie verwendeten es für ihre Kinder, wenn diese nicht einschlafen konnten. Es half bei Angstgefühlen und bei Prüfungsstress und vertrieb erfolgreich Zweifel und Sorgen.

 

Da die Engelwurz ist leicht giftig ist, sollte man im Umgang mit ihr dennoch vorsichtig sein. In größeren Mengen wirkt ihr Öl leicht toxisch. Sehr empfindliche Menschen reagieren bei Hautkontakt mit dem frischen Pflanzensaft und Sonnenlicht mit Angelicadermitis.

ZubereitungEngelwurz Tee

Bereitung eines Tees

Ein Teelöffel (2 bis 4 g) Angelikawurzel mit ca. 150 ml siedendem Wasser übergiessen.

Nach 10 Minuten abseihen.

 

Auch ein Ansetzen mit kaltem Wasser oder eine kurze Abkochung ist möglich.

 

Zur Appetitanregung trinkt man zwei bis drei Mal täglich eine Tasse warmen Tee, am besten etwa eine halbe Stunde vor der Mahlzeit. Bei Verdauungsbeschwerden trinkt man den würzigen Tee nach dem Essen. Die milde, aber leicht süßliche Bitterkeit verträgt sich prima mit Magenkräutern wie Schafgarbe, Wermut, Kümmel oder Fenchel. Sie löst ein wohliges, wärmendes Gefühl im Bauch aus.

 

Aus rechtlichen Gründen müssen wir darauf hinweisen: Bitte klären Sie unbedingt vorher mit Ihrem Hausarzt ab, ob die Empfehlungen für sie geeignet sind. Sie basieren auf Erfahrungswerten, ohne medizinischen Hintergrund.

Christina Binder-Egger

Christina Binder-Egger war schon in der Kindheit mit ihrer "Tante Lisi" viel in der Natur unterwegs. Von ihr lernte sie schon sehr früh die heimischen Kräuter, Früchte und Pilze kennen und lieben. Christina ist ausgebildete Kräuter-Pädagogin. Ihr Wissen bildet die Grundlage für Malis Kräuterkonzept.