Neues aus den ZillerSeasons

Weihnachten, wia's friaga war

Erinnerungen an die Kindheit

Die Erinnerungen an unseren Vater, Johann Egger vulgo "Post Hansi", begleiten uns jeden Tag. Wir vermissen ihn sehr, jedoch ist Papa und Opa durch viele schöne Erinnerungen in unseren Herzen lebendig geblieben. Gerne erinnern wir uns zurück an die Geschichten, die er uns aus seinem Leben und aus seinen Kindertagen erzählte. Eine Weihnachtsgeschichte, die uns nachdenklich und auch froh stimmte, haben wir nieder geschrieben und möchten Sie hier gerne in seinen Worten wieder geben. Viel Freude beim Lesen und wir wünschen allen Freunden und Gästen, die diese Zeilen lesen, ein glückliches und zufriedenes Weihnachtsfest!

Von 1942 bis 1969 feierten wir Weihnachten in der "alten Post", dem Gasthof, drüben in Zellbergeben. Das Familienleben spielte sich dort im Parterre ab, wo sich Gaststuben, Küche und die sogenannte Labe (so wird in Tirol die Toilette bezeichnet) befanden. Die Schlafzimmer und Kinderzimmer sowie das Badezimmer waren im ersten Stock. Die Kinder redeten schon Wochen vor dem Fest lebhaft über ihre Wünsche, schrieben sie auf und legten die Brieflein aufs Fensterbrett.

Am Heiligen Abend wurde den ganzen Tag gekocht. Traditionell gab es jedes Jahr Nudelsuppe mit Würstl, Zillertaler Krapfen, süße Krapflang und Mogschob´n (altes Weißbrot mit Milch, Mohn, Zucker und Zimt), die aus einer Schüssel gegessen wurden. Außerdem gab es eine Brezensuppe aus alten, harten Salzbrezen, die in eine Schüssel geschichtet und abwechselnd mit "schriefem", also nicht weißem, sondern durchzogenem "Graukas" (pikante Zillertaler Käsespezialität), bestreut und mit heißer Rindssuppe übergossen wurden. Diese Art Auflauf wurde bereits am Vortag zubereitet, mit ganz viel Schnittlauch bestreut und warm serviert.

Am Heiligen Abend ging es uns gutDie ganze Familie versammelte sich am Tisch

Am Heiligen Abend wurde dann bis zu zwei Stunden lang nach Herzenslust geschlemmt. Die ganze Familie saß am Tisch: Vater, Mutter, ich mit meinen drei Geschwistern Hermann, Siegal und Helga. Die Geschwister meiner Eltern, die im Haus wohnten: Onkel Franz, Max, Ferdl, Vinzenz und Rudl, die aus dem Krieg heimgekommen waren. Und meine Tanten Anna und Thresal. Außerdem ein paar Bedienstete und die Küchenfrauen.

 

Zwischendurch ging man "Rach´n", wie es in den Rauhnächten bis heute der Brauch ist. Wir gingen betend durch jeden Raum im Haus - außer einen. Den hatte das Christkindl zugesperrt.

Vom Räuchern in den RauhnächtenSchutz und Segen für das ganze Jahr

In den Rauhnächten, die auch die längsten im Jahr sind, lebt im Zillertal der Brauch des "Rach´n gia". Am 24. Dezember, am 31. Dezember und am 5. Jänner eines jeden Jahres geht das Familienoberhaupt mit der Räucherpfanne voraus betend durch das Haus, durch den Stall und schließlich um Haus und Stall herum.

 

In der Eisenpfanne befinden sich glühende Kohlen und Weihrauch. Hinter dem Familienoberhaupt folgt die Mutter mit dem "Weichbrunnkessel" (Schüssel mit geweihtem Wasser) und einem Tannenzweig zum "Sprengen" (mit Weihwasser bespritzen). Das "Nadl", die Oma, hält den Rosenkranz und betet vor. Dahinter folgt der Rest der Familie, gemeinsam betet man für die Gesundheit der Bewohner und der Tiere.

Die große Stunde ist gekommenDarauf warteten wir Kinder das ganze Jahr

Als die große Kuhglocke läutete, wussten alle: Jetzt beginnt die Bescherung. Die Geschenke waren bescheiden. Für jeden gab es einen Teller mit hausgemachten Keksen, Orangen und Äpfeln. Dazu Lebkuchen, der damals sehr beliebt war. Ein Kind freute sich über ein Paar Ski aus Holz, mit geschraubten Kanten. Der Hickory Ski aus Eschenholz war der teuerste.

 

Ein anderes Mal bekamen wir eine neue Rodel. Des Weiteren gab es manchmal einen Pullover, eine neue Skihose, Handschuhe oder eine selbst gestrickte Mütze. Und viele Walnüsse.

 

Der Baum war mit Christbaumkugeln geschmückt, mit Kerzen, Lametta, Glöckchen aus Porzellan und mit Holzschmuck. Und sogar mit Sternspritzern.

 

Vor den Weihnachtsfeiertagen war eine ganze Woche lang eine "Dogglmacherin" im Haus. Sie fertigte für jedes Familienmitglied ein paar "Doggln" (Hausschuhe), die ebenfalls das Christkind brachte. Besonders gerne erinnere ich mich an das gemeinsame Beten.

Im Vergleich zu heute, war alles sehr schlicht. Die Gerichte waren aus einfachen Zutaten - dafür sehr aufwändig zubereitet und es gab sehr viel davon.

Niemand kam auf die Idee oder hatte das Gefühl, arm zu sein. Alle waren so glücklich wie heute, wo vielerorts viel mehr unter dem Christbaum liegt. Die Kuhglocke hängt übrigens noch heute im Posthotel.

 

Johann "Hansi" Egger

Hans Egger war der Vater von Christina Binder-Egger. Er erinnerte sich in seiner Erzählung an glückliche Weihnachtstage im Kreise seiner Großfamilie. Die Familien Stöckler (Egger) und Rieser (Wallischen), von denen Hansis Eltern, Johann und Theresia stammten, hatten durch Wirtschaftskrise und Krieg ihre Höfe verloren. Sie alle fanden bei "Hansl und Thresal" in der "alten Post" ein neues Zuhause.

Wir vermissen unseren Vater jeden Tag.